Womit anfangen bei der Vorstellung dieses wunderbaren Buches? Wie Alberto Manguel selbst, mit einer Reihe von Zitaten? Eins muss reichen:
Lies, um zu leben.
So Gustave Flaubert im Juni 1857 in einem Brief an Mlle. de Chantepie. Ist damit nicht eigentlich schon alles gesagt?
Mein Buch wimmelt von den kleinen gelben Klebezetteln, die mich an wichtige, schöne, originelle Passagen erinnern sollen. Viel zu viele, um sie auch nur ansatzweise in diese Besprechung einfließen zu lassen. Manguel ist ein unglaublich belesener Mensch, ein, wie es auf dem Einband zutreffend heißt, „geradezu obsessiver Literaturenthusiast, der uns mitnimmt auf seinem Streifzug durch die Buch- und Literaturgeschichte, der uns seine Begeisterung für das Lesen in jeder Zeile spüren lässt.“
Bevor die große Reise beginnt, erfahren wir in einem Rückblick Manguels eigene „Geschichte des Lesens“, folgen dem Autor bei seinen ersten Leseerfahrungen. Dann aber widmet er sich den unterschiedlichsten Aspekten des Lesens. Unter „Akte des Lesens“ finden wir u. a. Kapitel über „Die stillen Leser“ (Wandel vom lauten zum stillen Lesen), über das „Lesen lernen“, über „Vorlesen“, „Einsames Lesen“ und „Die Gestalt des Buches“ (fast eine kleine Geschichte des Buches). Unter „Die Macht des Lesers“ geht es dann beispielsweise um „Das geordnete Universum“ (Bibliotheken) „Lesen hinter Mauern“, „Bücher stehlen“ (die Geschichte des Grafen Libri, des wohl größten Bücherdiebs aller Zeiten), „Verbotenes Lesen“ oder „Büchernarren“.
Die – unvollständige – Aufzählung macht deutlich: Hier wird die „Geschichte des Lesens“ keineswegs chronologisch erzählt. Manguel schafft „Haltepunkte“ bei seinem Streifzug durch 6000 Jahre Literaturgeschichte; er wählt Aspekte aus, erläutert zumeist anhand von Beispielen, erzählt Geschichten, zitiert hier, verweist auf Aussagen da, bezieht seine eigene Lebens- und Leseerfahrung mit ein, macht die Lektüre durch zahlreich eingestreute Anekdoten vergnüglich. Freilich: Man muss Manguels Art zu Schreiben mögen. Und man darf sich nicht (zu sehr) daran stören, dass er gelegentlich etwas geschwätzig ist und sich manchmal auch ein wenig selbstverliebt präsentiert. Dann wird man mit einem absolut lesenswerten Buch belohnt.
Das Buch in meiner Bibliothek ist ein Rowohlt Paperback. Es gibt die „Geschichte des Lesens“ auch (und andere Bücher Manguels) als Fischer Taschenbuch. Meines Wissens (ich kann es aber nicht beschwören) enthält nur die Paperback-Ausgabe Illustrationen. Auch wenn diese durchgängig schwarz-weiß sind, bedeuten sie eine Bereicherung des Buches. Wer die „Geschichte des Lesens“ (noch) nicht besitzt, sie aber erwerben möchte, sollte versuchen, die Paperback-Ausgabe aufzuspüren.
Mein Fazit: eine unbedingt lesenswerte, von ganz wenigen Ausnahmen (Unterkapiteln) abgesehen auch leicht lesbare, interessante, vergnügliche „Geschichte des Lesens“. Ein Geschichten-Buch, das in jede Bibliothek gehört.
Alberto Manguel
Eine Geschichte des Lesens
Rowohlt Paperback 1999, 430 Seiten
Fischer Taschenbuch 2012, 480 Seiten
Sehr schön ist auch „Die Bibliothek bei Nacht“. Der Mann weiß einfach, wie man schreibt …
Liebe Grüsse von Jarg
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Kommt auch noch dran. Danke für den Hinweis.
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Danke fürs Erinnern. Dieses Werk steht schon ewig in meinem Regal. Ungelesen. Asche über mein Haupt… 😉
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Das Buch ist auch Jahre nach seiner Erstveröffentlichung frisch wie am ersten Tag. Viel Spaß bei der Lektüre!
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Dankeschön, werd ich sicher haben, wenn ich so deine Zeilen dazu lese. Is auch irgendwie cool, es dann einfach da zu haben *freu*
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Ich kann Dir nur zustimmen, liebe Ingrid! Ein GESCHENK für alle, die gerne lesen!
Ein wunderbares Buch, das ich immer wieder zur Hand nehme. Aber es braucht Zeit; zumindest ich habe immer wieder einmal pausieren müssen, um dann wieder zur Prosa zu greifen, zwischendurch.
Aber auch diese Vorgehensweise hat für mich seinen ganz eigenen Reiz. Lesen und daneben über das Lesen lesen.
Liebe Grüße, mb
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Freut mich, dass Dir das Buch auch so gut gefällt. Da man die einzelnen Kapitel unabhängig voneinander lesen kann, ist es gar nicht nötig, es „in einem Rutsch“ zu lesen. Man kann nach Lust und Laune immer wieder danach greifen und seine Freude daran haben … Herzliche Grüße, Ingrid
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Es ist ja witzig, seit gestern lese ich dieses Buch noch einmal, da schon Dina mich darauf aufmerksam machte.
Mir gefällt übrigens Manguels geschwätziger Stil und dass er ein Narziss ist, darüber sehe ich bei einem Buchenthusiasten gerne hinweg. Ich bin auf Manguel gestoßen, da er der Vorleser von Borges war, den ich verehre.
Liebe Grüße vom sonnigen Cley next the Sea
Klausbernd
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Ich lasse mich von Manguels manchmal ausufernden Plaudereien auch nicht abschrecken. Er ist ein ungemein belesener, gebildeter Mensch und hat viel Interessantes zu erzählen. Dass er Vorleser von Borges war, berichtet er auch in der „Geschichte des Lesens“. Das muss eine tolle Erfahrung gewesen sein. Herzliche Grüße, diesmal wieder aus der – regnerischen – Bretagne! Ingrid
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Oh das hört sich ja wunderbar an. Das kommt sofort auf meine wunschliste.
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Nur zu! Und viel Spaß damit.
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Ein Buch, das schon viel zu lange ungelesen hier herumsteht und darauf wartet, gelesen und betrachtet zu werden. Danke für die Erinnerung. Denjenigen, die noch überlegen, das Buch zu erwerben, sei ans Herz gelegt, wirklich die große illustrierte Ausgabe zu kaufen. Farbig. Wunderschön, auch fürs Auge, schon allein beim Durchblättern. LG Anna
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Die von Dir erwähnte farbig illustrierte Ausgabe scheint die zu sein, die Petra in ihrem Kommentar erwähnt. Ich habe nur die schwarz-weiß-illustrierte, und die ist auch sehr schön.
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Oh ja, ein herrliches Buch! schön, dass es dir auch so gut gefällt : ) Es gab auch mal eine gebundene, sehr aufwändige Ausgabe, die ich verschenkt habe. Ich selbst habe das Paperback, das ist aber auch wunderbar.
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Freut mich, dass Du meine positive Einschätzung teilst.
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Das klingt nach einer tollen Lektüre, ich danke dir für die schöne Vorstellung – beim nächsten Einkauf in meiner Buchhandlung kommt das hier auf jeden Fall mit. 🙂
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Viel Vergnügen bei der Lektüre!
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Das Buch hatte ich schon mal in den Händen, jetzt werde ich es mir ganz bestimmt holen.
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Vielleicht äußerst Du Dich nach der Lektüre einmal, wie es Dir gefallen hat?
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Das kling nach einem wundervollen Buch.
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Ja, es ist auch ein wundervolles Buch.Grüße nach England, Ingrid
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